D e m o k r a t i s c h e  L i n k e

M i t t e i l u n g  f ü r  d i e  P r e s s e

Wenn die Vertrauensfrage kommt und scheitert:

Köhler muss den Bundestag auffordern, seine Pflicht zu tun!

DL wird nach Auflösung ohne Kanzlerwahlversuch unverzüglich klagen

Berlin, 28. Juni 2005 - Man muss ja auf der Hut sein: Was bedeutet es jetzt, wenn die Vertrauensfrage des Kanzlers im Bundestag "scheitert"? Dass dem Kanzler das Vertrauen entzogen wird, wie man meinen sollte, oder dass ihm unplanmäßig das Vertrauen ausgesprochen wird, wie der Kanzler es verstehen möchte?

Auch im übrigen entbehrt das Streben der SPD nach Neuwahlen weiterhin jeder nachvollziehbaren Logik, es sei denn, man nimmt psychopathologische Gesichtspunkte hinzu. Niemand glaubt an einen Sieg von Rot-Grün, und wenn er dennoch käme, würde er die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nicht ändern. Also das Ganze noch einmal, so wie sich einige die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses zur EU-Verfassung vorstellen?

Zur Schadensbegrenzung ist der Bundespräsident gefordert. Dies kann nur dadurch geschehen, dass er nach einer "planmäßig" gescheiterten Vertrauensfrage oder einem Rücktritt des Kanzlers den Bundestag auffordert, einen neuen Kanzler zu wählen. Anderenfalls wäre die Wahrscheinlichkeit nicht gering einzuschätzen, dass die Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten vom Bundesverfassungsgericht kassiert wird. Die einstimmige Entscheidung des Gerichts zur Fortführung der Arbeit des Visa-Untersuchungsausschusses weist in diese Richtung.

Erst wenn die Wahl eines neuen Kanzlers gemäß Art. 68 bzw. Art. 63 GG misslingt, könnte die Rechtsbasis für eine pflichtgemäße Auflösungsentscheidung gegeben sein. Sollte letztere aber ohne zumindest einen solchen Versuch ergehen, wird auch die Demokratische Linke unverzüglich Klage beim Bundesverfassungsgericht erheben, bzw. sich einer solchen Klage anschließen.

Nun könnte Rot-Grün auch Frau Merkel gleich selbst wählen, um die Fortführung neoliberaler Politik zu garantieren - ein konstruktiver Selbstmord sozusagen. Das wäre die für den Steuerzahler kostengünstigste "Wiederherstellung der Regierungsfähigkeit"; als ob der Bund überhaupt keine eigenen Kompetenzen hätte!

Aber vielleicht überlegen es sich die Rot-Grünen ja noch einmal anders und wählen eine eigene Kanzlerin. Ist der Kanzler "planmäßig" weg und sind es mit ihm gemäß Art. 69 GG auch alle Bundesminister, würde kein "Königsmörder" mehr gebraucht. Es könnten dann auch ängstliche Naturen zur Tat schreiten und bis zur planmäßigen Neuwahl 2006 ihre Pflicht tun. Rot-grüne Chancen bei der Bundestagswahl würden steigen, und die Abgeordneten müssten derweil weder hungern, noch sich mit einem Salär in Höhe des von ihnen beschlossenen "Arbeitslosengeld II" zufrieden geben.